Ein neues Zeitalter klopft an unsere Tür – wie gehen wir am besten damit um?

Artikel für das Engelmagazin 5/2024

Wir leben in einer ganz besonderen Zeit. Vielen von uns wird es manchmal so vorkommen, als ob sich das Rad des Lebens einfach immer schneller dreht. Manchen erscheint es so, als würde ihnen beruflich wie privat immer mehr abverlangt und wieder anderen kann dann mitunter auch die Energie fehlen, die notwendigen Aufgaben des Tagesablaufs einfach nur zu bewältigen. Wir fühlen uns mehr und mehr gefordert, überfordert manchmal, und gelegentlich sehnen wir uns dann sogar zuweilen nach der guten alten Zeit zurück, in der alles langsamer und besser war, wie wir heute zu wissen glauben. Ständig verlangt etwas Neues von uns in unser Leben integriert zu werden. Veränderungen prägen heute unseren Alltag immer mehr.

Unklar bleibt, wann diese Entwicklung ihren Anfang genommen hat. Numerologisch wechselte die Qualität der Zeit bereits in der Silvesternacht 1999 auf 2000 von „1“ nach „2“, wenn man die Jahrtausende betrachtet. Das alte Jahrtausend war gegen Ende hin eher vom Einzelgängertum geprägt, so dass nun ein Wechsel vom Egoismus zum Altruismus erwartet werden kann. Manche machen die neue Zeit auch am Jahr 2012 und dem Ende des Maya-Kalenders fest, wo gerade jetzt ein Neuanfang für uns Menschen prophezeit worden ist. Aktuell wechselt zudem schon Mitte November Pluto zum dritten und letzten Mal vom Steinbock in den Wassermann, um dann endlich ganze 20 Jahre dort zu verbleiben und das Wassermann-Zeitalter damit endgültig auf den Weg zu bringen. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit, wie zumeist, irgendwo in der goldenen Mitte. Das Wassermann-Zeitalter, das schon im Musical Hair als „Age of Aquarius“ in den späten 70er Jahren besungen wurde, ist als Begrifflichkeit aber wahrscheinlich den meisten von uns am geläufigsten.

Die Veränderungen, die durch die Qualitäten des Wassermanns gern unverhofft und plötzlich geschehen können, erfordern von uns nun häufig eine unerwartete Spontanität, die manchen von uns doch einiges abverlangt. John Lennon kleidete dies in die passenden Worte:

Leben ist das, was geschieht, während du andere Pläne gemacht hast.

„Lass dich überraschen“ könnte darum ein recht passender Slogan für die kommenden Jahrzehnte sein und bei längerfristigen Planungen sollten wir mitunter darum immer auch den berühmten „Plan B“ mit im Hinterkopf behalten.

Veränderungen erzeugen in uns aber häufig eine diffuse, meist unbestimmte Angst. Hier möchte uns das Neue aus unserem sicheren Nest bereits herauslocken, dort hält uns das Alte noch in seinen wohlbekannten und kuscheligen Armen. Für alle, die momentan diese Verunsicherung in sich spüren, möchte ich einen Ausspruch von Rilke zitieren, der mir selbst in solch wechselhaften Lebenslagen sehr hilfreich sein konnte.

Unsere größten Ängste sind Drachen vergleichbar, die unsere wertvollsten Schätze bewachen.

Für mich hat dieses Bild etwas Tröstliches, denn die Angst möchte darin in Form des Drachen meine Schätze, meine Gaben und Fähigkeiten, behüten. Bis ich so stark geworden bin, selbst auf mich aufpassen zu können. Denn erst dann brauche ich den Drachen nicht mehr, ich kann ihn wie Siegfried in der Nibelungensage überwinden, um meine Heldenreise anzutreten. Wie die Angst, so ist auch der Drache nur ein Teil von mir, mit dem ich viel zu lange unbewusst innerlich gekämpft habe. Diesen Kampf mit mir selbst kann ich natürlich erst gewinnen, wenn ich mir dessen bewusst geworden bin. Wenn ich auch die Angst als Teil von mir ins Herz geschlossen habe, um sie endlich integrieren zu können, wird mir zur Belohnung der Schatz als andere Seite der Medaille Angst geschenkt.

Marianne Williamson hat sich in ihrer Interpretation des „Kurs im Wundern“ auch dem Thema Angst gewidmet:

Unsere tiefste Angst ist es nicht, ungenügend zu sein. Unsere tiefste Angst ist es, dass wir über alle Massen kraftvoll sind. Es ist unser Licht, nicht die Dunkelheit, die wir am meisten fürchten.

Unsere Ängste sind vielleicht am treffendsten denen von Kindern vergleichbar, die wir alle einmal waren und die wir alle irgendwo tief in uns drinnen auch noch sind, als inneres Kind. Wir haben insgeheim Angst vor unseren eigenen Fähigkeiten. Jedes Kind hat Angst, wenn es etwas Neues versucht, dass es noch nicht ausprobiert hat. Erinnere dich daran, wie es war, als du das erste Mal Fahrrad gefahren bist. Wie es war, als du Schwimmen lerntest, als du eingeschult wurdest, als du von zu Hause ausgezogen bist, als du deine erste Verabredung mit einem möglichen Partner hattest? All dies sind Stationen deines Lebens, die du bereits gut bewältigt hast und in denen du dann über dich selbst hinausgewachsen bist.

Diese Beispiele zeigen nur umso deutlicher: Leben ist Veränderung. Leben ohne Veränderung ist undenkbar. Hätten wir die zahlreichen Herausforderungen unseres Lebens einfach ausgeschlagen, hätten wir uns ihnen nicht mutig gestellt, wir hätten uns selbst wichtige Wachstumsschritte vorenthalten. Darum sollten wir die zukünftige Veränderung als wichtigen Bestandteil unseres Lebens begrüßen und ihr freudig zurufen „Carpe diem – genieße den Tag!“  In China gibt es darum ein schönes Sprichwort:

Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die andere Windmühlen.

Vielleicht hilft manchem, die Entwicklungen der neuen Zeit besser annehmen zu können, wenn wir über den Tellerrand der eigenen Persönlichkeit hinaus etwas größer denken und in Schaltzentralen unserer Wirtschaft blicken. In unseren Firmen ist Veränderung nur allzu natürlich. Denken wir einmal an das produzierende Gewerbe, wer möchte schon immer das gleiche Produkt kaufen? Wird doch in der Werbung ständig ein neuer Trend propagiert, nur um den Kaufreflex des potentiellen Kunden anzustacheln. „Innovationsfreundlichkeit“ ist darum ein Begriff, der in der neuen Zeit eine immer größer werdende Bedeutung in der Wirtschaft erlangen könnte. Er umschreibt die Tatsache, dass eine Firma Neuentwicklungen benötigt, um am Markt bestehen zu können. Dabei ist die 80/20 Regel wichtig, auch als „Pareto-Prinzip“ in vielen Teilen der Wirtschaft anwendbar. Es hat sich herausgestellt, dass 80% der Innovationen nur Kosten verursachen, ohne einen Gewinn erzielen zu können. Dafür sind dann die restlichen 20% der Neuentwicklungen so erfolgreich, dass sie die Kosten aller Investitionen tragen und den notwendigen Gewinn erzielen können. Leider weis eine Firma trotz aller Marktanalysen erst im Nachhinein, welche ihrer Innovationen später dann wirklich erfolgreich sein werden…

Festzuhalten bleibt, der Wirtschaft geht es im Grunde genauso wie uns. Auch Firmen bleibt nichts anderes übrig, als sich stetig weiter zu entwickeln und dabei vertrauensvoll im Strom der Zeit mit zu schwimmen. Dies galt früher und es gilt noch mehr heute im Wassermann-Zeitalter. Wachstum ist die Triebfeder allen Lebens und damit untrennbar mit Veränderung verbunden. So wie ein Baum jedes Jahr eine neue Rinde rund um seinen Stamm bildet, so leben auch wir unser Leben in wachsenden Ringen, wie Hermann Hesse es ausgedrückt hat. In Zuversicht und Vertrauen, dass der Strom des Lebens uns an immer neue Ufer tragen wird.